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Boris Moshkovits, Co-Founder & Managing Director von alephSana, beschäftigt sich bereits seit 2016 mit der Cannabisindustrie. Aktuell wartet er ungeduldig auf die Reklassifizierung durch die UN und beobachtet gebannt die Legalisierungsprojekte in Kanada und Luxemburg. Außerdem ist er sicher: Bald finden mehr Cannabis-Produkte aus Israel und Südamerika legal ihren Weg nach Deutschland. Außerdem verrät er, was er von der Industrie erwartet, welche Meilensteine er persönlich erreichen möchte und welche drei Personen er besonders würdigt. Unser zweiter Steckbrief über Europas Cannapreneure.
Boris, wann hast Du zum ersten Mal gedacht: “Mensch, ich muss in der legalen Cannabisindustrie aktiv werden!”? Was hat dich veranlasst, voll und ganz in die Cannabis-Industrie einzusteigen?
Im Frühjahr 2016 habe ich auf der re:publica einen Vortrag zu den Entwicklungen der Cannabis Industrie in den USA gehalten und für mich entschieden, dass ich einen Platz in dieser jungen und schnell wachsenden Industrie einnehmen möchte. Zur gleichen Zeit habe ich mich privat mit dem Thema auseinandersetzen müssen, weil mein Schwiegervater an Krebs erkrankt war und ich geholfen habe, dass er eine Dronabinol Schmerztherapie erhält.
Rückblickend auf die vergangenen Jahre in der Industrie: Was sind bisher für dich persönlich deine Highlights?
Im Sommer 2016 durfte ich auf der Hanfparade vor dem roten Rathaus sprechen. Es war das erste Mal, dass sich das amerikanische Unternehmen Weedmaps in Deutschland präsentierte. Mein Highlight war Weedmaps beim Deutschland-Launch zu unterstützen und so einen Teil zur Professionalisierung der Branche beizutragen. Ein weiterer wichtiger Schritt war die erste ICBC-Konferenz in Berlin, auf der ich über Cannabis in den Mainstreammedien sprechen konnte. Im Zuge einiger Konferenzen hatte ich auch das Glück, viele der Pioniere der Industrie persönlich zu treffen, unter anderem Bruce Linton, das Mastermind von Canopy Growth, oder Tjalling Erkelens, den Gründer des Urgesteins Bedrocan
Und was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten bisherigen Entwicklungen und Ereignisse in der Cannabis-Industrie der letzten fünf Jahre?
Mit der Gesetzesänderung zur Verschreibungsfähigkeit von Cannabis im März 2017 begann die wichtigste Phase der Entwicklung in Deutschland. Zur selben Zeit war ein wichtiges Signal für die internationale Anbindung der Branche die erste ICBC Konferenz in Berlin. Prinzipiell hat die Legalisierung in Kanada zu einem Umdenken in vielen Bereich geführt. Außerdem sind die Produzenten aus Kanada momentan nach den Niederlanden die wichtigsten Partner bei der Versorgung der Patienten in Deutschland beziehungsweise Europa.
Zwischen internationalen Märkten und Schattenwirtschaft: Woran entscheidet sich Deiner Meinung nach, ob die europäische Cannabis-Industrie durchstartet?
Prinzipiell ist es wichtig, dass wir eine Harmonisierung der europäischen Rechtsprechung hinbekommen beziehungsweise die neue Klassifizierung von Cannabis in der UN zeitnah kommt. Ansonsten ist im medizinischen Bereich ausschlaggebend, wie viel Ärzte, Apotheker und letztlich Patienten über die Möglichkeiten der Cannabistherapie wissen. Dazu bedarf es der Aufklärung beziehungsweise aussagekräftige Studien, die Transparenz schaffen. Inwieweit sich der legale nicht-medizinische Markt entwickelt, hängt zum einen von den Erfahrungen in Kanada und zum anderen von den anstehenden Legalisierungsprojekten, wie in Luxemburg ab.
Wie kann die Industrie dazu beitragen, dass Wachstum anhält und Cannabis sich als nachhaltige Wirtschaft etabliert?
Die Industrie muss in Forschung und Entwicklung investieren, um sichere und gesundheitsfördernde Produkte zu entwickeln, die Ärzten helfen planbare Therapien zu entwickeln. Darüber hinaus kann die Industrie helfen, die zuverlässige und lückenlose Versorgung der Patienten zu gewährleisten – durch den Anbau und Import von hochwertigem Medizinal-Cannabis beziehungsweise die Zulassung von Fertigarzneimitteln und medizinischen Produkten. Im Bereich der CBD Produkte muss ebenfalls rechtliche Klarheit geschaffen werden, damit der Endverbraucher aufgeklärt ist und eine adäquate Kaufentscheidung treffen kann. Die Legalisierung wird die Unternehmen im Bereich Jugendschutz und Suchtprävention fordern. Für all diese Fragen müssen Lösungen erarbeitet werden, um ein nachhaltiges Wachstum der Branche zu ermöglichen.
Wer sind für Dich die drei Personen, denen die europäische Cannabis-Industrie in den vergangenen fünf Jahren am meisten zu verdanken hat?
Als erstes denke ich da an Tjalling Erkelens, der mit Bedrocan, das bis dahin größte und wichtigste europäische Cannabis-Unternehmen aufgebaut hat. Lange galten die Niederlande als Vorreiter der Branche. Ein weitere Rolle spielte aus meiner Sicht Pierre Debs, Gründer von MedCann, als Schlüsselfigur in Deutschland. Mit der ersten Importlizenz aus Kanada hat er nicht nur Canopy Growth nach Europa gebracht, sondern gleichzeitig auch eine ganze Industrie ins Rollen. Er hat dann später als Europa Chef von Canopy, die Marke Spektrum in Deutschland etabliert und zugleich zwei wichtige Akquisitionen getätigt, mit der Übernahme von C3 von Bionorica und dem Kauf von Storz & Bickel. Der dritte Keyplayer ist Alex Rogers, Gründer der International Cannabis Business Conference (ICBC). Mit seinen Erfahrungen aus den USA hat Alex Rogers die erste internationale Businesskonferenz nach Europa gebracht. Zunächst kam die ICBC nach Berlin, inzwischen gibt es auch Veranstaltungen in Barcelona und Bern. Hier wurden viele der wegweisenden Deals angestoßen und zugleich Treffen der Branche mit den Wurzeln des Aktivismus kultiviert.
Wie viele börsennotierte Cannabis-Unternehmen werden in den nächsten zwölf Monaten pleite gehen?
Ich will nicht raten.
Was sind Deine unternehmerischen Ziele in Sachen Cannabis in den nächsten drei Jahren?
Ich möchte mit meinem Unternehmen in den nächsten Jahren eine zuverlässige Pipeline und Plattform für Medizinal-Cannabis aus aller Welt etablieren. Außerdem wollen wir neben dem Handel mit Blüten und Extrakten, die weiteren Entwicklungen von Cannabis als Medizin begleiten und unternehmerisch einbinden.
Welcher Markt und welches Thema ist in Sachen Cannabis Deiner Meinung nach aktuell am spannendsten? Warum?
Global werden wir beobachten, aus welchen Ländern, welche Produkte für welchen Markt produziert werden, Hier wird die Vergleichbarkeit der Medikamente eine primäre Rolle spielen. Die ersten großen internationalen Studien werden zur Sicherheit und Effizienz der Therapien sicher neue Denkansätze liefern. Wir glauben daran, dass bald mehr Produkte aus Südamerika und Israel kommen werden. In Deutschland bleibt die Anerkennung von Therapien bei den Krankenkassen im Fokus, damit auch die Ärzte sicher und kompetent Patienten beraten können.
Welches Buch legst Du allen Cannabis-Unternehmern als Pflichtlektüre ans Herz?
Alle Unternehmen, die im pharmazeutischen Markt unterwegs sind, empfehle ich “Cannabis als Medizin: Praxis-Ratgeber für Patienten, Ärzte und Angehörige” von Maximilian Plenert. Er hat schon beim DHV viel Erfahrungen sammeln können, die hier sehr praxisorientiert präsentiert werden.
Beschreibe Dich in drei Adjektiven, die dich am besten charakterisieren:
Neugierig, empathisch, progressiv.
Über Boris Moshkovits
Boris Moshkovits ist ein Cannapreneur und erfahrener Gründer in der Medien-, Pharma- und Internetbranche. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer von alephSana, einem Unternehmen, das sich darauf konzentriert, weltweit nach medizinischen Cannabisprodukten zu scouten und die besten Cannabis-Therapeutika nach Deutschland und Europa zu bringen. Boris war als Manager für internationales digitales Marketing in der Pharmaindustrie tätig und hat so in stark regulierten Märkten die Grenzen von Marketing und digitalem Storytelling ausgelotet. Als Redner hat er über medizinisches Cannabis als Mainstream und die Zukunft von Cannabis als Lifestyle-Produkt gesprochen. Er ist außerdem Mitgründer des CannaBusinessClub.Berlin, einer Initiative zur Stärkung der lokalen Cannabis-Szene. In seiner Verlagskarriere war er Leiter der Abteilung für digitale Medien bei Ringier Publishing Germany und Herausgeber von Amuse für Vice Media Germany. Zuvor war er als Herausgeber und Verleger in Mailand, Moskau und New York tätig. Die Schwerpunkte seiner aktuellen Tätigkeit sind medizinisches Cannabis, Großhandel sowie Marketing und Medien.
Bildquellen
- Boris Moshkovits: AlephSana